Schlagwort-Archiv: WiM Mieter-Zeitung 09/2006

Der Verkauf löst keine Probleme

von Julia Meier

Im Jahr 2005 hatte die Stadt Freiburg 320 Millionen Euro Schulden. Deshalb will Herr Salomon die Freiburger Stadtbau verkaufen, um damit den Schuldenberg der Stadt Freiburg abzubauen.

Die regulären Einnahmen der Stadt und ihre laufenden Ausgaben klaffen weit auseinander. Der Bund verschärft das Problem: die massiven Steuersenkungen für große Unternehmen im Rahmen der Steuerreform 2002 belasten bis heute die Haushalte der Kommunen. Die Bundesregierung trifft oft Entscheidungen, deren Umsetzung Sache der Kommunen ist, stellt diesen aber zu wenig oder gar kein Geld dafür zur Verfügung. Beispiele hierfür sind das das Recht auf Kindergartenplätze für Kinder ab drei Jahren und die HartzIV-Gesetze. Dabei erklärte der Bund die Kosten zur Unterbringung der Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II kurzerhand zur Sache der Kommunen, ohne vollständig dafür aufzukommen. Allein diese beiden Gesetze kosten die Stadt Freiburg jedes Jahr 30 Millionen Euro.

Dieses Problem lässt sich nicht in Freiburg lösen, sondern nur durch Druck auf die Bundesebene.

Doch gab es auch in Freiburg teure Entscheidungen: der Ausbau der neuen Messe kostete 22,5 Millionen Euro, die Gewerbesteuer wurde seit zehn Jahren nicht erhöht.

Die bundespolitischen Entscheidungen, hohe Ausgaben für Großprojekte bei gleichzeitigem Verzicht auf Einnahmen aus der Besteuerung der lokalen Wirtschaft haben unter anderem dazu geführt, dass der Haushalt nicht genehmigungsfähig ist. Das soll nicht mit den städtischen Wohnungen bezahlt werden.

Genausowenig soll die Stadt in Zukunft das Wohngeld, das Arbeitslosengeld-II-Empfänger und Geringverdiener erhalten um sich überhaupt eine Miete leisten zu können, an die Finanzinvestoren zahlen. Derzeit kommt das Geld der Stadt selbst zugute, denn Gewinne der Stadtbau – im letzten Jahr waren es über 10 Millionen Euro – werden in Freiburg wieder in den Wohnungsneubau und in die Modernisierung des Bestandes investiert. Daher trägt ein Verkauf nicht etwa zur Konsolidierung des Haushalts bei, sondern verschlimmert die Lage auf mittelfristige und lange Sicht.

Dieser Artikel erschien in der Zeitung zum Bürgerentscheid 09/2006 von WiM.

Dieser Artikel erschien in der Zeitung zum Bürgerentscheid 09/2006 von WiM.

Die Sozialcharta nützt nichts

von Manfred Wolf, Vors. des DMB-Mietervereins Freiburg

Der Oberbürgermeister und die Stadtverwaltung weisen immer wieder darauf hin, dass bei einem Verkauf der Freiburger Stadtbau GmbH die Mieter bestens geschützt seien. Es soll eine umfassende Sozialcharta geben, die bis heute aber nur als Wunschliste vorliegt und als Verhandlungsgrundlage dient. So werde unter anderem Menschen über 60 oder mit schwerer Behinderung ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt. Was geschieht aber, wenn die Wohnungen modernisiert oder die Mieten im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten nach oben korrigiert werden? Weiterlesen

Christa Donat: „Am 12. November mit Ja stimmen!“

Ja-Zeitung: Warum sind Sie gegen den Verkauf?
Christa Donat: Wenn es zum Verkauf kommt, werden die Mieten mittelfristig steigen und Sanierungen und Reparaturen zurückgefahren. Ich fürchte, ein Finanzinvestor würde den Mieterbeirat abschaffen. Damit würden die Mieter jedes Recht auf Mitsprache verlieren. Zudem ist der Verkauf nicht nötig, weil es andere Möglichkeiten gibt die Stadt zu entschulden.

Ja-Zeitung: Aber die Mieter sollen doch durch eine Sozialcharta abgesichert werden?
Christa Donat: Diese Sozialcharta ist, wie Experten sagen, weiße Salbe. Sollte ein Investor sich nicht an die Charta halten, muss der Mieter ihn verklagen. Die wenigsten Mieter verfügen über einen Mietrechtsschutz. Ihnen fehlen einfach die Mittel für eine Klage. Mieter aus anderen Städten berichten, dass Investoren sich nicht an die Charta halten. Hinzu kommt die Unsicherheit bei einem Weiterverkauf der Wohnungen.

Ja-Zeitung: Für wie realistisch schätzen Sie es ein, dass der Entscheid gewonnen wird?
Christa Donat: Ich bin sicher, dass die Bürger von Freiburg wissen, dass der Verkauf der Wohnungen die schlechteste aller Lösung ist um die Stadt zu entschulden und darum am 12. November mit Ja stimmen werden.
Christa Donat, Vorsitzende des Mieterbeirats der Freiburger Stadtbau

Dieser Artikel erschien in der Zeitung zum Bürgerentscheid 09/2006 von WiM.

Architekten sind gegen den Verkauf

Aus einem offenen Brief der baden-württembergischen Architektenkammer: „Der kommunale Wohnungsbestand Freiburgs ist Zeugnis für den Wiederaufbau und den Zusammenhalt der Generationen. Er bietet bezahlbaren Wohnraum und Geborgenheit für zigtausende Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt und trägt zur notwendigen Balance des sozialen Friedens bei. Diese Errungenschaften dürfen nicht zum Wohle einer Gewinnmaximierung fremden Kapitals geopfert werden. […] Trotz ‚Sozialcharta‘ werden über kurz oder lang die Mieten steigen. Ebenso die Anzahl der Mieter, die nicht in der Lage sein werden, für ihren Mietzins selbst aufkommen zu können. Diese Bürgerinnen und Bürger werden als Bedürftige wieder auf Wohngeld und andere finanzielle Hilfeleistungen der Stadt angewiesen sein und somit den städtischen Haushalt erneut und zusätzlich belasten.“

Dieser Artikel erschien in der Zeitung zum Bürgerentscheid 09/2006 von WiM.

Bürgerverein Brühl-Beurbarung will Stadtbau erhalten

von Erwin Schlehhuber, Vorsitzender des Bürgervereins Brühl-Beurbarung

Im Stadtteil Brühl-Beurbarung ist überwiegend kommunaler Wohnraum zu finden, der in den 1920er- und in den 1890er- Jahren gebaut wurde.
Vertreten sind hier Bauvereins‑, Stadtbau‑, Liegenschafts‑, Heimbau‑, Familienheim‑ und Eisenbahnerwohnungen.
Durch die bürgerliche Beurbarungsgesellschaft wurden um 1890 die ersten sozialen Wohnungen gebaut, die ausschließlich Arbeitern, Angestellten, kleineren Beamten sowie Witwen und Waisen vorbehalten waren und die sich in städtischem Besitz befanden. Weiterlesen